Mehr als vier Wände – eine einfache Beschreibung für ein Zuhause. Doch was macht dieses „mehr“ aus? Der Begriff „Zuhause“ ist jedem geläufig, doch wie füllen wir ihn? Es gibt unterschiedliche Definitionen, von denen ich hier nur einzelne aufgreifen möchte …
- Mein erstes Zuhause ist der Ort, an dem ich aufgewachsen und verwurzelt bin. Meine Ursprungsfamilie, prägende Erfahrungen, meine ersten Erinnerungen. Viel Gutes habe ich von dort mitgenommen.
- Zuhause sind vor allem Menschen, die mir wichtig sind, die ich liebe. Menschen, mit denen ich sehr persönliche Erfahrungen verbinde und die einen langen Weg mit mir gegangen sind.
- Zuhause ist Heimat – der Ort, wo ich Liebe, Zugehörigkeit, Wärme und Wertschätzung erlebe. Rückzugsort. Schutzraum. Gemeinschaft. Sichere Grenzen. Und vieles mehr – ein Sehnsuchtsort.
Weil jeder ein Zuhause braucht …
Das ist seit vielen Jahren unser Slogan bei TEAM.F. Weil auch noch erwachsene Menschen diese Sehnsucht in sich tragen und weil besonders Kinder eine gute Umgebung für ein gesundes Aufwachsen brauchen. Vor vielen Jahren hatte der Familienpädagoge Eberhard Mühlan die Idee eines „Familienhauses“, ein verständlicher und praxisorientierter Leitfaden für Eltern, den ich hier kurz skizzieren möchte: Jedes Kind kommt mit den wichtigen Bedürfnissen auf die Welt, geliebt und angenommen zu werden und ebenso mit dem Vertrauen, dass es gut auf ein eigenständiges Leben vorbereitet wird. Und ich bin sicher, dass die meisten Eltern ihr Kind mit Freude erwarten und ihm genau das geben möchten.
Wie haben wir uns gefreut auf jedes unserer vier Kinder und waren gewillt, unser Bestes zu geben, damit ihr Leben gelingt. Doch wirklich gut vorbereitet auf diese verantwortungsvolle Aufgabe waren wir nicht, das stellte sich im Familienalltag schnell heraus. Natürlich haben wir vieles intuitiv und aus der Erfahrung unseres Elternhauses richtig gemacht und unser ganzes Herz investiert. Doch vor allem in kritischen Situationen fehlte uns ein Plan, wir haben eher situativ reagiert – nicht immer so, wie es die Situation erforderte. Wie dankbar waren wir, bei TEAM.F in Erziehungsseminaren einen Plan zu bekommen, der uns in den folgenden Jahren gute Werkzeuge und Sicherheit gegeben hat.
Das TEAM.F-„Familienhaus“ besteht aus drei „Etagen“ die ausgebaut und mit Leben gefüllt werden möchten:
1. Ein starkes Fundament durch gute Beziehungen
Eine gute und entspannte Familienatmosphäre, in der sich Kinder angenommen und geliebt fühlen, ist die beste Grundlage fürs Leben. Liebe und Annahme auszudrücken fällt uns nicht schwer, wenn alles gut läuft, stimmt‘s? Das wird allerdings arg auf die Probe gestellt, wenn mein Kind sich gerade nicht angepasst verhält, wenn es sich nicht so entwickelt wie ich es erwartet habe, wenn ich enttäuscht, ärgerlich, manchmal auch wütend oder selbst überfordert und an meiner Grenze bin. Und all das ist doch neben vielen schönen Momenten in einem Familienalltag auch ziemlich normal.
Bedingungslose, situationsunabhängige Liebe und Annahme, was genau bedeutet das denn? Dass mein Kind weiß, fühlt und hört, dass es geliebt und angenommen ist. Auch wenn wir manchmal streiten, wenn Eltern manchmal Konsequenzen ausüben müssen, wenn wir schwierige Situationen durchstehen – aber es ändert sich niemals etwas daran, dass ich es liebe. Immer. Bedingungslos eben. Das ist mehr als ein Gefühl – auch wenn die Situationen, in denen wir uns richtig nah sind und Liebe spüren, besonders schön sind.
Eine Entscheidung zu bedingungsloser Liebe bedeutet: Die Liebe zu meinem Kind hört nicht auf, wenn meine Gefühle gerade nicht auf Liebe eingestellt sind. Das gibt jedem Kind Sicherheit: Jawohl, Eltern sind manchmal sauer, die Stimmung ist manchmal angespannt, nicht immer verstehen wir uns gut, aber wir werden wieder Wege zueinander finden. So entwickelt ein Kind Urvertrauen, eine unerschütterliche Basis, um sicher ins Leben zu starten.
2. Selbstständigkeit und Verantwortung lernen
Lebens- und Beziehungskompetenzen sind gefragt, um ein eigenständiges Leben führen zu können – die werden in der Wohnetage unseres Familienhauses eingeübt und ausgeprägt. Alles baut auf ein gesundes Selbstwertgefühl. Die Bestätigung, dass das Kind „richtig“ ist, mit allem ausgestattet, was für ein Überleben in unserer Gesellschaft und Kultur wichtig ist. Damit lernt es, sich selbst zu lieben und zu pflegen, seine Gaben und Fähigkeiten zu kennen und einzusetzen, aber auch seine Grenzen zu erfahren und Teil einer Gemeinschaft zu sein.Verantwortung im gemeinsamen Haushalt zu übernehmen ist nur ein Teil dieses Survivaltrainings.
Ebenso wichtig sind eine gute Kommunikation, Nehmen und Geben als Teil einer Gemeinschaft, Konfliktlösungskompetenzen, Aneignung von Wissen, praktischen Kompetenzen u. v. m.
Wie oft habe ich in unserer Familienzeit gestöhnt: Da mache ich es doch lieber selbst! Ja, das Training mit den Kindern kostet Ideen, viel Kraft und Mühe und vor allem Zeit.
Gute Regeln, Absprachen und Rituale unterstützen und erleichtern das sehr. Nichts lernt sich so nebenbei. Wenn Eltern sich diese Mühe nicht machen, bilden ihre Kinder oft nur ein schwaches Wertgefühl aus, sie können sich in Gemeinschaften nicht einbringen und fühlen sich nicht zugehörig und das ist wirklich traurig. Das zu verhindern, ist allen Einsatz wert. Und auch wenn die Kinder – vor allem im Teenageralter – dagegen rebellieren, wenden die meisten doch später an, was sie zu Hause gelernt haben.
3. Begleitung mit liebevoller Autorität – Sicherheit in gesunden Grenzen
Das bietet das Dach unseres Hauses. Grenzen sind wichtige Erfahrungen im Aufwachsen. Kinder, die gesunde Grenzen erfahren und mit liebevollen Konsequenzen begleitet werden, lernen auch ihre eigenen Grenzen kennen und können sie vertreten. Ein Rahmen, in dem Kinder sich sicher bewegen können, hilft ihnen, sich auch in der Welt außerhalb des Elternhauses zurechtzufinden. Damit erfahren sie auch von anderen Menschen Achtung und Respekt, werden geschätzt und gebraucht.
Dieser „Plan“ hat sich als wirklich gutes Handwerkszeug im Erziehungsalltag in vielen Familien bewährt.
Unsere Kinder sind lange erwachsen und haben selbst Familie und auch in der Rückschau sage ich: Erziehung bei TEAM.F zu lernen, war das Beste, was uns passieren konnte. Bei allen Fehlern, die auch dann noch passiert sind, hatten wir doch immer einen Weg, zu den guten Beziehungen zurückzukommen – und so hat es sich unser Vater im Himmel, der uns darin das beste Vorbild ist, vorgestellt.
Buchtipp
Das große Familienhandbuch, Claudia und Eberhard Mühlan – Ein Nachschlagewerk zu den wichtigsten Erziehungsthemen
Heidi Goseberg
Seminarleiterin, Dozentin für Familie und Erziehung an der TEAM.F Akademie, Mitglied des Leitungsteams von TEAM.F
Erschienen im Magazin 01/2021
TItelbild: Shutterstock/Evgeny Atamenko